MOTORRAD BEANTWORTET NIE GESTELLTE FRAGEN: WARUM KOPIEREN DIE CHINESEN UNGESTRAFT?

Klauen und Kopieren. Chinesische Motorradbauer bedienen sich gern an japanischer, europäischer und amerikanischer Technik. Wie ist das möglich? MOTORRAD erklärt.

Die Chancen stehen gut, bei den bald unzähligen neuen Motorrädern chinesischer Hersteller eines oder viele Merkmale zu finden, die wir von "Premium"-Produkten japanischer, amerikanischer oder europäischer Hersteller gut kennen. Design, Namen, bisweilen Logo, meist Motor und manchmal das Chassis aus China ähneln bekannten Modellen gern haargenau. Wieso dürfen die Hersteller aus China das? Wieso erlauben die etablierten Hersteller das? Wer stiehlt bei wem? MOTORRAD beantwortet diese Fragen und zeigt die 5 dreistesten Kopien der letzten Jahre.

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Honda-Twin von Loncin

Das bekannteste und meistzitierte Beispiel eines kopierten Motors ist der aktuelle 500er-Reihenzweizylinder von Honda aus der CB-Familie. Honda brachte den Gegenläufer mit 180-Grad-Kurbelwelle 2013 in Serie und mit einem recht charakteristischen Äußeren. Exakt dieses Gehäuse, die Formen des Kupplungs- und Kurbelwellendeckels entlarven den Motor in vielen chinesischen Modellen wie Voge oder Brixton als Kopie. Je nach Hersteller sogar mit den gleichen Leistungsdaten oder mit unterschiedlichen Hubräumen. Die Basis-Konstruktion ist der von Honda in allen Varianten sehr nah, und Loncin wird überwiegend als Produzent dieses Motors genannt. Allerdings: In den Verbrauchstests von MOTORRAD fallen die Honda-Kopien durch bis zu 20 Prozent Mehrverbrauch bei gleicher Leistung auf.

Wie kann es sein, dass der wohl erfolgreichste Motor über 125 Kubik von Honda einfach so kopiert werden kann? Hat Honda das erlaubt? Oder profitiert Honda sogar davon?

Auf Nachfrage bei den Spezialisten des Deutschen Patent und Markenamts ist zu Motoren zu sagen:

Ein Hubkolbenmotor als Prinzip kann nicht mehr patentiert werden. Ebenso ist ein spezifisches Bohrung-Hub-Verhältnis nicht schützbar. Einzig eine spezielle, neue technische Lösung kann als Patent veröffentlicht werden. Als Beispiel die Shift-Cam-Technik von BMW. Grundsätzlich muss der technischen Lösung eine erfinderische Leistung vorausgehen. Zufallsentdeckungen sind nicht als Patent schützbar. Und: Nach 20 Jahren erlischt der Patentschutz, dann kann jeder die Erfindung frei nutzen.

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Ducati und BMW beliebt beim Kopieren

Auffällig bei vielen Modellen chinesischer Hersteller sind oft deutliche Übernahmen von Teilen des Designs oder gleich kompletten Kopien markanter Formen der Premium-Modelle. Ziel ist klar, das eigene Produkt mit dem Flair der großen Modelle zu zieren. Die eigentliche Design-Leistung und rechtlich gesprochen eine Urheberschaft liegt allerdings woanders. Was können sich Hersteller vom Design eines Motorrads schützen lassen?

Dazu sagen die Spezialisten des Deutschen Patent und Markenamts:

Ein neues Design für ein Motorrad kann grundsätzlich zum Schutz eingetragen werden, allerdings darf es nicht so oder so ähnlich schon bestehen. Und es muss – ähnlich dem Patent – Eigenart, ein Alleinstellungsmerkmal haben. Das Design muss sich im Gesamteindruck von dem bereits bestehenden Design unterscheiden. Allerdings: Das Abgrenzen, wann ein neues Design ein geschütztes verletzt, ist schwierig und lang, wie der Fall Piaggio vs. Kumpan zeigt. Die maximale Zeit, ein Design zu schützen, beträgt 25 Jahre.

Von Sternen, Propellern und Buchstaben

Und wie sieht es mit eindeutigen Markenlogos aus wie den Audi-Ringen, dem Mercedes-Stern oder beim Motorrad dem BMW-Propeller, dem Honda-H samt Flügel oder den Stimmgabeln von Yamaha? Marken, Symbole und Modellnamen fallen unter den Markenschutz und sind klar abgrenzbar, es gibt also kaum Freiraum: Ein dem BMW-Propeller ähnlich sehendes Logo kann von BMW angeklagt werden.

Eine Marke genießt einen Schutz von 10 Jahren und kann beliebig verlängert werden. Allerdings: Wenn die Marke im Sprachgebrauch zum Synonym für eine komplette Produktgruppe wird, kann unter Umständen der Markenschutz fallen. Tesa, Tempo oder Walkman als Beispiele oder bei BMW Motorrad die Marke GS für die Nizza-Klasse 12: Fahrzeuge und alles verwandte. Im Februar 2023 tauchte in China die GS 525 von Vinto Motor auf, eine Enduro namens GS und somit ein Härtefall – der so zumindest nicht in westliche Länder exportiert werden kann. Seit Juni 2023 ist eine sehr freche Kombination in China zu haben: Roller und Motorräder der Marke MVCagiva.

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Dreist: 5 schamlose Kopien aus China

MOTORRAD zeigt 5 dreiste Kopien der letzten Jahre aus China von Modellen oder Marken bekannter Hersteller:

Platz 5: Die Tibet Summit, bekannt unter Kove, zeigte 2022 eine 500er-Enduro. Der Motor ist der geklonte Honda-Twin, optisch mischt Kove die Honda CB 500 X und die BMW F 850 GS.

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Platz 4: Geht nicht an ein Modell, sondern an den Hersteller Moxiao. Mit zahlreichen Design-Klonen von Ducati und BMW in China bekannt und bei uns berüchtigt.

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Platz 3: Geht an Moto, die das Design der aktuellen BMW S 1000 R klonten und – da wurde es juristisch – das Logo von BMW. Gegen den kopierten Propeller ging BMW Motorrad vor.

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Platz 2: ...erklimmt Shineray, Hersteller der SWM-Modelle, mit der Custom V 1200 Stormbreaker, die bei uns als Harley-Davidson Sportster 1200 lief. Der Motor ist optisch 1:1 Harley, die inneren Werte stehen eng beieinander. Ebenso die Optik der SWM könnte so von Harley kommen.

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Platz 1: Ganz ob auf dem Treppchen steht BMW-Partner Loncin und dessen Marke Voge, die die Technik der aktuellen BMW F 850 GS und BMW F 900 übernahmen und leichte Retuschen an der Karosse vornahmen. Delikat: Loncin baut für BMW genau diese Motoren. Da rumort es sicher auf höchster Ebene.

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2023-03-25T04:06:24Z dg43tfdfdgfd