Mein Wochenende stand ganz im Zeichen von Maserati. Am Freitag klingelte ein freundlicher Herr an meiner Haustür und händigte mir den Schlüssel zu einem GranTurismo Trofeo aus. Für alle, die in der Maserati-Welt nicht so zu Hause sind: Das ist ein Sportwagen, der in 3,5 Sekunden von 0 auf 100 Stundenkilometer beschleunigt. Es gibt ihn in Blau, Silber und Rot. Ich bevorzuge das Azurblau.
Bevor Sie nun denken, jetzt hat der Fleischhauer aber endgültig den Verstand verloren: Es war ein Testwagen. Am Nachmittag schnappte ich mir meinen Sohn und lenkte den Wagen auf die Autobahn nach Garmisch. Was soll ich sagen? Das Auto liegt auf der Straße wie eine Eins, der Motor ist eine Wucht. Der Mann, der mir den Wagen brachte, hatte mich gewarnt, ich sollte hin und wieder einen Blick auf die Geschwindigkeitsanzeige werfen. Man merke gar nicht, wie schnell man unterwegs sei.
Was ist das Auto? Ein Fortbewegungsmittel für die Prosaiker. Ein Kulturgut für Enthusiasten wie mich. Vor allem aber ist es eine nicht unwesentliche Grundlage unseres Wohlstands. Es ist erstaunlich, wie schlecht ein Produkt geredet wird, von dem so viel abhängt.
Ich gebe zu, ich hatte immer ein Faible für schöne Autos. Ich habe mir gebraucht einen englischen Sportwagen gekauft. Die meisten sind erstaunt, wenn ich ihnen den Preis nenne. Sie denken, ich hätte ein Vermögen ausgegeben. Dabei hat mich das Auto nicht mehr gekostet als ein Golf. Zugegeben, Ersatzteile sind nicht ganz billig. Aber davon darf man sich nicht schrecken lassen.
Mein Freund Ulf Poschardt fährt einen alten Ferrari, das ist noch einmal eine andere Dimension. In einem Interview überraschte er seinen Gesprächspartner neulich mit dem Hinweis auf die makellose Umweltbilanz. Der Wagen steht die meiste Zeit in der Garage. Wenn Poschardt sich hinters Steuer setzt und den Anlasser betätigt, ist es jedes Mal ein Glücksspiel, ob der Wagen anspringt oder nicht.
Ich habe die Begeisterung für Elektroautos nie verstanden. Teslas sind in Wirklichkeit ziemliche Plastikbüchsen. Ich habe mich ausführlicher mit einem Tesla-Fan unterhalten. Je länger ich ihm zuhörte, desto klarer wurde mir, dass er gar nicht von seinem Auto sprach. Alles, was mir wichtig ist – der Klang des Motors, das Kurvenverhalten, die Verarbeitung des Leders im Innenraum –, darüber verlor er nicht ein Wort. Stattdessen schwärmte er von der Software-Erfahrung.
Tesla-Fahrer sind keine Auto-Fans, stellte ich bei der Gelegenheit fest. Sie sind Computer-Nerds. Wenn sie ihr Auto loben, dann dafür, dass es seinen Fahrer schon von Weitem erkennt und automatisch die Tür öffnet, wenn er näher tritt.
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Der Kulturkritiker und Autofan Niklas Maak (Vintage-Mercedes) hat in der „Frankfurter Allgemeinen“ die aktuelle Produktpalette einer Stilkritik unterzogen. Der neue Golf stiere wie eine ungesunde Mischung aus halb wachem Kater Garfield und einem verärgerten Tiefseefisch auf die Straße. Der riesige BMW XM erinnerte ihn an eine Kampfmaschine, die den öffentlichen Raum als Todeszone voller Fressfeinde betrachte, die er dank der Häcksleranlage in seiner Kühlerfront aber spielend vertilgen werde.
Ich wusste sofort, wovon Maak redete. Ich stand neulich in der Parallelstraße vor einem MG. Ich habe mich spontan erschrocken: Das Ding sah aus wie eine beißwütige Hornisse auf Ketamin. Wie kann man ein so abgrundtief hässliches Auto bauen, dachte ich. MG ist ein traditionsreicher Name. In älteren Bond-Filmen ist der Agent Seiner Majestät nicht von ungefähr in einem MG-Roadster unterwegs. Und jetzt haben sie es fertiggebracht, die Karosserie so aufzuspritzen und dann in Falten zu legen, dass man unwillkürlich in Deckung geht, wenn man das Ding nur stehen sieht.
Der Trend zur Elektromobilität macht die Sache nicht besser. Warum sehen die meisten Elektroautos von hinten aus wie Schweine auf Stöckelschuhen, um Maak zu zitieren? Weil die Batterien zu groß sind, um sie im Kofferraum unterzubringen. Also kommen sie unter die Sitze, womit das ganze Auto nach oben rutscht, so als habe man es auf ein anderes draufgestellt und dann wie ein Sandwich zusammengequetscht.
„Damit die Proportionen wieder hinhauen, muss das Auto breiter werden und größere Reifen bekommen“, weiß der Experte. „Die aber verlangen größere Radkästen, die wiederum den Innenraum kleiner machen. So kommen am Ende schwere, enge, teure, überdimensionierte Riesenautos heraus.“
Die deutsche Autoindustrie kann von Glück sagen, dass die Leute Elektroautos mit spitzen Fingern anfassen. Wenn es nur noch Elektroautos gäbe, wäre der Ofen ganz aus. Im Billigsegment sind die Chinesen unschlagbar. Und im Luxussegment stellt sich die Frage, warum man 200.000 Euro für ein Auto ausgeben soll, dessen Motor so klingt wie eine Nähmaschine.
Wenn jeder Motor gleich ist, bleiben nur die Verarbeitung und der Name. Aber Hand aufs Herz: 100.000 Euro extra, weil die Spaltmaße bei der S-Klasse ein paar Millimeter perfekter sind als bei einem Tesla? Sicher, auch dafür gibt es Kunden. Aber nicht genug.
Ich höre schon den Chor der Leute, die einwenden, ein Elektromotor klinge doch gar nicht wie eine Nähmaschine. Die Firmen geben ein Heidengeld aus, damit sich ein ID.4 irgendwie noch nach einem Volkswagen anhört. Aber am Ende gleicht ein Elektroauto dem anderen, das ist unausweichlich.
Ich fürchte, die Elektromobilität ist ein großer Irrweg. Sie zeigt, was passiert, wenn Politiker, die nicht einmal wissen, wie man Maserati buchstabiert, den Weg vorgeben. Wenn man Leuten 8000 Euro in die Hand drückt, um sie zum Kauf zu animieren, wird man alles los. Aber jetzt besitzt auch in Pullach jede zweite Familie einen staatlich geförderten Zweitwagen. Und die Förderung ist ebenfalls weg. Nun stapeln sich die Elektrokarren auf Halde.
Bei teuren Autos sieht die Lage noch finsterer aus. Der Autohändler meines Vertrauens, Thomas Franz vom Autosalon Isartal, erzählte mir, dass die Leute verzweifelt ihren Tesla in Zahlung geben wollen. Er winkt dankend ab. Wirtschaftlich gesehen ist so ein Auto ein Totalschaden. Es gibt praktisch keinen Gebrauchtwagenmarkt, auf dem man sein gebrauchtes Model S loswürde.
Herr Franz wusste von einem Ferrari-Händler zu berichten, der zwei Hybride im Schaufenster hat. Die stehen da seit über einem Jahr. Der Händler ist in seiner Verzweiflung bereit, 200 000 Euro unter Listenpreis zu verkaufen. Aber niemand will die Fahrzeuge. Das Problem ist jetzt: Die Batterien müssen regelmäßig entladen werden. Wenn der Händler den Ladezyklus nicht einhält, verfällt die Garantie. Also fährt er um den Block, womit der Neuwagen seinen Status als Neuwagen einbüßt.
Das sind Luxusprobleme, klar. Aber manchmal zeigt sich im Kleinen das Große. 2023 wurden aus Deutschland Waren im Wert von 1562 Milliarden Euro exportiert, ein Drittel entfiel auf Autos, Autoteile und Maschinen. Man mag einen VW Taigo für den Triumph der Autotechnik halten und entsprechend verächtlich über alles reden, was über mehr als vier Zylinder verfügt. Aber wer keinen richtigen Porsche mehr will und keinen teuren Mercedes oder Audi, der sollte dann auch dazusagen, dass er die Exportnation Deutschland für ein Auslaufmodell hält.
2025-06-21T07:06:23Z