ELEKTROAUTOS: ROWAN ATKINSON RäT WIEDER ZU ALTEN BENZINERN

Rowan Atkinson wendet sich von E-Autos ab: Der Umwelt zuliebe solle man länger beim Verbrenner bleiben, erklärt der britische Komiker und Autofan – auch mit fragwürdigen Argumenten.

Man kennt ihn in seiner Paraderolle als Mr. Bean, oft in skurrilen Sketchen mit einem Mini durch England brausend. Auch im realen Leben dreht sich viel ums Auto für Komiker Rowan Atkinson, der schon mehrfach bei Motorsportrennen mitfuhr und einmal mit seinem privaten McLaren F1 die höchste Unfallschadenssumme der britischen Versicherungsgeschichte kassierte. Zu Beginn eines am Samstag im »Guardian« veröffentlichten Gastbeitrags erinnert Atkinson daran, dass er vor seiner Showkarriere ein Oxford-Studium der Elektrotechnik abgeschlossen hatte. Außerdem sei er ein Pionier der Elektromobilität: Seinen ersten Hybrid habe er vor 18 Jahren gekauft, vor neun Jahren auch ein vollelektrisches Auto (laut Presseberichten ein BMW i3).

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So soll wohl ernster genommen werden, was Atkinson nun zum Thema zu sagen hat: Er fühle sich »zunehmend ein wenig hereingelegt«, schreibt er. »Ich liebe Elektroautos«, bekennt er noch immer, und er sehe eine große Zukunft für sie. Doch wenn man sich tiefer mit den Fakten beschäftige, erschienen sie »nicht ganz als das ökologische Allheilmittel«, zu dem sie erhoben würden. Wer diesen absoluten Anspruch behauptet haben soll, erklärt Atkinson nicht. Aber er lässt wissen, dass er ein Problem mit dem britischen Regierungsziel habe, ab 2030 (fünf Jahre vor dem Verbrenner-Aus in der EU) den Verkauf neuer Benzin- und Diesel-Pkw zu beenden. Mit dem Kauf von Elektroautos solle man sich vorerst zurückhalten.

Sein Hauptargument sind die gängigen Lithium-Ionen-Akkus: »Sie sind absurd schwer, für ihre Herstellung werden viele Metalle der seltenen Erden und riesige Mengen Energie benötigt, und sie halten nur rund zehn Jahre.« Als Lösung verweist Atkinson auf Wasserstoffantriebe oder auch synthetische Treibstoffe, sogenannte E-Fuels, wie sie Porsche in Chile entwickeln lässt. Denn »das Umweltproblem mit einem Benzinmotor ist das Benzin, nicht der Motor«.

Sind Neuwagen wie Fast Fashion?

Als größtes Problem im Wirtschaftsmodell der Autoindustrie sehe er den schnellen Wechsel zu Neuwagen, ähnlich wie »Fast Fashion« ein Zeichen einer Wegwerfgesellschaft. Dabei könnten heutige Autos 30 Jahre lang halten, wenn man sie pflegt. Wir könnten seiner Meinung nach genauso mobil sein, wenn wir die alten Fahrzeuge behalten, mit drastisch geringeren CO2-Emissionen aus der Produktion.

Kritik an dem Einwurf ließ nicht lange auf sich warten. Ja, Atkinson habe sich leider hereinlegen lassen, schrieb auf Twitter Gniewomir Flis, ein Analyst und Investor für Klimaschutztechnologien. »Aber von denen mit einem vitalen Interesse am Bau von Verbrennungsmotoren und der Lieferung flüssiger Brennstoffe.«

Flis verweist auf Fortschritte in der Batterietechnik, auf hohe Recyclingquoten von Autos (im Gegensatz zur Wegwerfmode) – vor allem aber auf den geringen Anteil der Produktion an den Gesamtemissionen im Lebenszyklus eines Autos: Der Großteil des CO2-Ausstoßes sei auf den Energieverbrauch während der Fahrt zurückzuführen. Deshalb hätten E-Autos den Nachteil des aufwendigeren Baus einschließlich der Batterie nach den ersten 21.000 Kilometern ausgeglichen, wie der Finanzinformationsdienst Reuters berechnete; ab dann wären sie besser fürs Klima als Autos mit Verbrennungsmotor. Und deshalb sei der Batterieantrieb auch den Alternativen Wasserstoff oder E-Fuels überlegen. Die können potenziell zwar auch mit erneuerbaren Energien laufen, benötigen aber eine vielfache Menge davon. Nur beiläufig erwähnt Atkinson, dass Wasserstoff heute nicht wirklich klimafreundlich hergestellt wird.

Bestätigt fühlen kann sich Rowan Atkinson hingegen in einer anderen Aussage durch eine neue Studie in der Fachzeitschrift »Nature Communications«, über die auch die »taz« am Samstag berichtete: Ein Team um die Physikerin Lisa Winkler vom Imperial College hat untersucht, wie die Stadt London die Treibhausgasemissionen ihres Autoverkehrs auf ein Niveau senken könnte, das zum Klimaziel einer Erderwärmung um maximal 1,5 Grad Celsius passt. Selbst ein Vorziehen des Verbrenner-Aus auf 2025 würde demnach dafür nur einen minimalen Beitrag leisten, wenn man die Emissionen aus der Lieferkette für Batterien und Rohstoffe einrechnet. Möglich wäre es aber, wenn man den Autoverkehr in Groß-London um mehr als 80 Prozent reduziere, und zwar schon bis 2027. Die Stadtverwaltung strebt offiziell 27 Prozent weniger Autokilometer bis 2030 an, schon das ist für deutsche Verhältnisse radikal.

In dieser Frage gibt sich Motorfan Atkinson nüchtern: Wer unbedingt ein Auto benötige, »sollte ein altes kaufen und so wenig wie möglich fahren«.

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