CHINAS LUXUS-STROMER EROBERT EUROPA: WIE GUT IST DER NEUE VOYAH FREE WIRKLICH?

Angriff in der Oberklasse

Chinas Luxus-Stromer erobert Europa: Wie gut ist der neue Voyah Free wirklich?

Mit Voyah drängt ein weiterer chinesischer Hersteller auf den europäischen Markt. Das Luxus-SUV hat dabei einiges zu bieten. Doch ist es ein ernsthafter Konkurrent für die heimischen Hersteller?

Der Name der Automobilmarke klingt exotisch: Voyah. Auch seine wörtliche Bedeutung im Chinesischen ist ungewöhnlich: Blaupause aus den Bergen. Damit drängt eine weitere chinesische Elektroautomarke auf den europäischen Markt. Wir konnten das Modell Free drei Tage lang exklusiv auf den Straßen in und um Oslo testen.

Das Besondere: Voyah ist keines der chinesischen Auto-Start-ups. Dahinter steckt Dongfeng (auf Deutsch: Ostwind), ein 1969 gegründeter Konzern aus Wuhan. Er betreibt unter anderem Werke gemeinsam mit Honda, Peugeot und Kia, und war einer der größten Nutzfahrzeughersteller Chinas. 2010 angeblich sogar der größte der Welt. Voyah hat damit eine solide wirtschaftliche Basis. Und – wichtig – viel Erfahrung in der Fahrzeugproduktion. 

Trotz fünf Meter Länge: Voyha Free wirkt kompakt

Das Auto kommt nicht großspurig daher. Es wirkt eher zurückhaltend. Fast kompakt. Das mag an den großen Rädern mit 20-Zoll-Bereifung liegen. Die Proportionen lassen das fast fünf Meter lange Auto kleiner erscheinen, als es wirklich ist. Ein markanter, aber kein wuchtiger Grill (die Kühlerfunktion dahinter ist bei Elektroautos ohnehin weggefallen). Die Lichter sind gut ins Fahrzeugganze integriert. Da verstand jemand etwas von Design.

Nähert man sich mit dem Fahrzeug, mit dem Schlüssel in der Tasche, fahren die Türgriffe und die Spiegel aus. Den Kofferraum öffnet man über einen Knopf unter dem Heckscheibenwischer. So bekommt man Eindruck von den wahren Dimensionen. Rund einen Meter reicht der Stauraum nach vorn. Die Rücksitze muss man wohl nicht oft umklappen. 

Innenraum bietet viel Platz

Das Raumwunder setzt sich auf den Rücksitzen des Autos fort. Selbst Großgewachsenen bleibt gut eine Spanne freier Raum über dem Kopf und vor den Knien. Dazu muss kein Sitz nach vorn geschoben werden. Es ist genug Platz für drei. Das große Panoramadach (nicht zu öffnen) verstärkt das Raumgefühl.

Auf den Vordersitzen fällt zunächst der Touchscreen auf, der sich über die ganze Breite hinzieht. Damit haben auch Beifahrer bequemen Zugriff, beispielsweise auf Medien oder Telefon. Erst beim Start fährt das Display zu voller Höhe aus. Man kann es auch beim Fahren flacher stellen. Fürs Sichtfeld aber bringt das nichts. Ein Gimmick ebenso wie die LED-Zierleiste, deren Farbe sich über das ganze Lichtspektrum verstellen lässt. Auch sonst herrscht vorne Komfort pur. Trotz der breiten Mittelkonsole fühlt man sich niemals eingeengt. Die Materialien wertig. Kein billiges Hartplastik. Das Leder an den Sitzflächen perforiert, das hält den Rücken trockener.

Enge Tiefgarage kein Problem

Beim Anfahren schaltet sich die Rundumkamera ein. Der enge Lift der Tiefgarage unseres Testautos, der selbst kleinere Autos vor Herausforderungen stellte, war durch die gute Rundumsicht auf dem Display kein Problem. Die Fahrassistenzsysteme übernehmen in der Stadt auf Wunsch Spurhaltung, Tempo und Abstand. Wobei in Oslo wegen des ständigen Wechsels zwischen Tempo 20, 30 oder 40, das aktive Fahren bequemer war.

Die vielen Aufpflasterungen auf dem Weg zur Skisprungarena haben dagegen nach dem ersten Überfahren ihren Schrecken verloren. Sanft und fast geräuschlos gleitet das Auto darüber. Eine der großen Stärken des Free ist die Luftfederung: Ein Kompressor verdichtet die Luft auf über 8 Bar. Und leitete sie in die Gummi-Federbälge. Ein Komfortgewinn durch ein System, das erstmals in der Mercedes 300SE von 1961 – dem Ahnherrn der späteren S-Klasse – zum Einsatz kam. Wegen der defektanfälligen Ventile verschwand das System weitgehend, erlebt aber derzeit eine Renaissance.

Voyah Free setzt auf Komfort statt Sportlichkeit

Bei Premium Autos ist es üblich, sowohl auf Komfort als auch auf Sportlichkeit zu setzen. Häufig bei hochpreisigen Modellen mit Betonung auf Sportlichkeit. Bei den BMW-M Modellen oder Mercedes-AMG etwa. Solche Adidas-Streifen auf dem Heck trägt der Free nicht. Das Auto bietet sechs Fahrmodi an. Einer davon ist „Schnee“, aber keiner „Sport“.

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Dabei hat das Auto durchaus sportliche Qualitäten: Man überlegt oft länger, ob man vorbeikommt, als der Überholvorgang selbst dauert. Ein paar Sekunden, und der Tacho zeigt 130. Also zügig runter vom Tempo. 360 kW (rund 500 Pferdestärken) aus zwei Elektromotoren wollen gezügelt werden. Auch sportliche Kurvenfahrten bewältigt das Auto mit Bravour. Da hilft der niedrige Schwerpunkt bei 2,3 Tonnen Leergewicht. Aller verfügbaren Assistenten sind serienmäßig an Bord. Besonders erwähnenswert: Die Nachtsicht.

Das Auto kann also sportlich. Doch es verleitet eher zum gelassenen Cruisen. Das schont auch den Energievorrat der Batterie. In der Stadt lag der Verbrauch deutlich unter 20 Kilowattstunden (kWh). Außerhalb bei gelassener Fahrweise nicht weit darüber. Die angegebene 500 Kilometer Reichweite sind bei 100 Kilowattstunden im Speicher durchaus realistisch.

Nur bis zu 100 kW: Ladeleistung enttäuscht

Bleibt ein Kritikpunkt: Das Schnellladen mit Gleichstrom endet bei Voyah bei 100 kW. Das ist weniger als im Wettbewerb üblich. In der Praxis spielt das aber kaum eine Rolle. Denn Lademöglichkeiten mit mehr als 100 kWh sind selbst im Elektromobilitätsparadies Norwegen selten. Und oft muss man eh nicht an die Steckdose. Außer man nutzt die Möglichkeit, den Stromvorrat des Autos anzuzapfen. Es erlaubt nämlich bidirektionales Laden, kann also auch Energie für andere Zwecke liefern.

Nun zu einer Stärke: Das interne Navi, zeigt neben der Karte sowohl die Fahrspuren als auch die Straßenschilder, denen man folgen soll. Wenn man sich an die Vielfalt gewöhnt hat, hat Verfahren Seltenheitswert. Apple Car Play und Android Auto sind für dennoch an Bord.

Voyah Free hat seinen Preis – aber auch viel Ausstattung

Wie teuer kommt die Sache? Der Listenpreis für Deutschland beträgt 76.990 Euro. Abzüglich einer Vorverkaufsprämie von 7.000 Euro bleiben 69.990 Euro. Die Größenordnung entspricht dem, was auch die deutschen Wettbewerber als Basispreis aufrufen. Allerdings ist bei Voyah fast alles, was angeboten wird, serienmäßig an Bord. Die Liste mit aufpreispflichtigen Ausstattungen ist extrem kurz und bezieht sich nur auf besondere Farbkombinationen. Alle technischen Features sind serienmäßig.

Technische Daten des Voyah Free
Abmessungen
Lange/Breite/Höhe (mm)4905/1950/1645
Radstand (mm)2960
Gewichte
Leergewicht (kg)2340
Zulässiges Gesamtgewicht (kg)2945
Antrieb
Motorleistung (kW)500
Maximales Drehmoment (Nm)720
Batteriekapazität (kWh)106
Verbrauch
Verbrauch kombiniert (kWh/100km)20,2
Reichweite (km – WLTP kombiniert)500
Kraftübertragung
AntriebAllrad
GetriebeEingang
Gepäck
Kofferraum (l) 560 bis 1320
Frunk (l)72
Fahrleistungen
Höschstgeschwindigkeit (km/h)200
Beschleunigung 0 -100 km/h (s)4,4
Ladedauer
Wechselstrm (h)10
Gleichstrom-Schnelladen 10 bis 80 Prozent (min)40

2024-09-07T15:01:00Z dg43tfdfdgfd