AUTO CHINA: DAS CHINA-FIASKO VON VW, BMW UND MERCEDES ERKLäRT IN VIER GRAFIKEN

Die Zulassungs- und Produktionszahlen für den chinesischen Markt offenbaren, wie schlecht die deutschen Hersteller dastehen. Wie können die Konzerne in China überdauern?

Alle Autointeressierten blicken dieser Tage nach Peking. Dort findet die wichtigste Automesse des Jahres statt, die Auto China. Die Volksrepublik ist der größte Pkw-Einzelmarkt der Welt. Auch werden dort mehr Elektroautos und Plug-in-Hybride verkauft als sonstwo in der Welt. Den deutschen Herstellern Volkswagen, BMW und Mercedes aber zeigen die Tage auf der Messe ihre Schwächen auf.

Nach wie vor kommen die deutschen Konzerne auf dem immer stärker elektrifizierten chinesischen Automarkt nicht zurecht. Sie verlieren Marktanteile an chinesische Konkurrenten. Und es gelingt ihnen immer seltener, ihre Werke in China auslasten, wie eine grafische Auswertung des Handelsblatts zeigt.

Dabei dominierten die deutschen Hersteller jahrzehntelang das Geschäft mit Verbrennerautos in China. Auf dem weltgrößten Automarkt konnten VW, BMW und Mercedes lange Zeit relativ einfach viel Geld verdienen. Ihre in Europa entwickelten Passat-, 5er- oder S-Klasse-Modelle kamen gut an in China – und die gigantischen Einnahmen aus Fernost finanzierten die teuren Produktionsstandorte in Deutschland mit.

Elektroautos und Plug-in-Hybride aus heimischer Produktion bevorzugt

Doch dieses System funktioniert nicht mehr. Die deutschen Autohersteller erleben mit ihren Elektroautos und Plug-in-Hybriden in China ein Fiasko. „Nirgendwo ist das Geschäft mit Elektroautos härter als in China“, sagt Fabian Brandt, Leiter des Autobereichs bei der Strategieberatung Oliver Wyman.

In China greifen die Kunden lieber zu heimischen Marken oder zu den Elektrofahrzeugen des US-Herstellers Tesla. Stefan Bratzel, Direktor des Center of Automotive Management (CAM), ist sich daher sicher, dass vor allem VW die starke Position von früher nicht halten kann.

Europas größtem Autobauer VW fällt es deswegen zunehmend schwer, die Produktionskapazitäten in China auszulasten. Verglichen mit 2019, als der gesamte Volkswagen-Konzern knapp vier Millionen Fahrzeuge gebaut hatte, ist die Produktion im vergangenen Jahr um fast 23 Prozent zurückgegangen.

Im ersten Quartal des laufenden Jahres sieht es beim VW-Konzern mit einem Anstieg von fünf Prozent zwar etwas besser aus. Allerdings ist die gesamte Pkw-Produktion in China in den ersten drei Monaten des Jahres um fast sieben Prozent gewachsen.

Noch schwächer haben sich in China die Werte für die deutschen Premiummarken entwickelt. BMW hat in China im ersten Quartal 2024 etwa 2,5 Prozent weniger Autos produziert, Mercedes sogar mehr als elf Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum.

Dagegen präsentiert sich vor allem der chinesische Konkurrent BYD deutlich stärker. Allein im Vorjahr produzierte er 60 Prozent mehr Autos als 2022.

Deutschland hat im E-Auto-Bereich extrem viel Entwicklungshilfe für China geleistet, durch die Zulieferindustrie und auch Personal.

Beatrix Keim, Direktorin am Duisburger Center Automotive Research (CAR), sieht in der neuen Stärke der chinesischen Autoindustrie auch ein Verdienst der deutschen Hersteller. „Deutschland hat im E-Auto-Bereich extrem viel Entwicklungshilfe für China geleistet, durch die Zulieferindustrie und auch Personal.“

Wie stark die deutschen Autohersteller bei den Zulassungen hinterherhinken, zeigt der Vergleich des deutschen Branchenprimus Volkswagen mit BYD. Zwar liegt der Volkswagen-Konzern noch vor BYD, der chinesische Konzern überholte die VW-Kernmarke im vergangenen Jahr aber deutlich.

BYD schaffte es nach 2020 zwei Jahre in Folge, seine Verkaufszahlen zu verdoppeln. 2023 steigerte der Konzern den Wert um weitere 49 Prozent. Hingegen verkauft der Volkswagen-Konzern jährlich weniger Autos seiner VW-Kernmarke und auch insgesamt weniger Autos, einzig im vergangenen Jahr stagnierte der Absatz.

Beim Absatz von Elektroautos könnte für VW das Joint Venture mit Xpeng den schwindenden Einfluss auf dem E-Auto-Markt retten. Laut Branchenexpertin Beatrice Keim ist diese Kooperation „sehr erfolgversprechend“. Bislang sind die deutschen Marken bei Elektroautos und Plug-in-Hybriden in China kaum vertreten.

Chinas Verkehrswende ohne deutsche Autokonzerne

Dabei wächst der Absatz elektrifizierter Anriebe seit Jahren deutlich. Die Zulassungen von Elektroautos sind 2023 im Vergleich zu 2020 um fast 440 Prozent gestiegen, die Zulassungen von Plug-in-Hybriden sogar nahezu um 1000 Prozent.

Doch an der Verkehrswende in China haben die deutschen Hersteller keinen Anteil. Der Markt für „New Energy Vehicle“ (NEV), wozu auch Elektroautos und Plug-in-Hybride zählen, wächst in der Volksrepublik rasant. Aber die Deutschen verlieren hier Marktanteile: Volkswagen, Mercedes und BMW verkauften im Jahr 2020 noch fast neun Prozent der NEV-Fahrzeuge, im vergangenen Jahr waren es nur noch 5,4 Prozent.

BYD hat seine Position in derselben Zeit von 12,6 auf mehr als 34 Prozent ausgebaut. Auch die chinesischen Hersteller GAC und Li Auto gewinnen Marktanteile. Das Wachstum der Chinesen im NEV-Bereich macht selbst Tesla zu schaffen. Die Marktanteile des US-Konzerns sind in China von fast 13 auf 8,4 Prozent geschrumpft.

Die Abhängigkeit der deutschen Autokonzerne von China ist ein Damoklesschwert.

Nur auf dem Markt für Autos mit Verbrennungsmotor konnten VW, BMW und Mercedes ihre Positionen ausbauen. Allerdings hilft das kaum. Denn von 2020 bis 2023 ist der Gesamtmarkt für Verbrenner in China um fast 23 Prozent geschrumpft. Die Schwäche der deutschen Hersteller auf dem chinesischen Elektroauto-Markt ist folgenschwer.

Denn die deutschen Autokonzerne sind vom chinesischen Markt stark abhängig. Und im Vergleich mit der weltweiten Konkurrenz steigern sie ihre Abhängigkeit von China weiter, wie die folgende Grafik verdeutlicht: Weltweit wurde 2023 fast jedes vierte Auto in China verkauft, VW und Jetta verkauften aber sogar knapp 46 Prozent ihrer Autos in der Volksrepublik. Auch die China-Abhängigkeit von Audi, BMW und Mercedes liegt deutlich über dem weltweiten Durchschnitt.

„Die Abhängigkeit der deutschen Autokonzerne von China ist ein Damoklesschwert“, sagt dazu Stefan Bratzel, Direktor des Automotive-Forschungsinstituts CAM. Mit Blick auf Chinas Verhältnis zu Taiwan sei diese Situation potenziell problematisch.

Ob sich daran realistischerweise etwas ändern lässt, ist allerdings fraglich, meint Branchenexpertin Keim: „Diese große Abhängigkeit der deutschen Autokonzerne ist kaum aufzufangen.“

2024-04-26T13:54:45Z dg43tfdfdgfd