FAHRBERICHT MERCEDES CLE 200 CABRIO - ZUVIEL VERZICHT ODER GENAU RICHTIG? SPAR-CABRIO VON MERCEDES IM TEST

Der Mercedes CLE präsentiert sich seinem Betrachter als schönes Cabriolet. Für alle, die auf imposante Fahrleistungen und einen souveränen Sechs- oder gar Achtzylinder verzichten können, ist der offene Viersitzer auch als 200er-Version bekommen. Reicht das?

Es müssen nicht immer sechs oder acht Zylinder sein - eine Basisversion wie der 200er ist in Modellen wie der Mercedes E-Klasse und auch dem offenen CLE nicht nur in einem asiatischen Land wie Südkorea ein Renner. Ähnlich wie in China geht es vielen Kunden hier eher um das Auto mit dem entsprechenden Image nebst Design und Komfortniveau - weniger rum den Antrieb. Schnell gefahren wird in den überfüllten Innenstädten oder auf den limitierten Autobahnen ohnehin nicht und wochenendliche Ausflüge in die Berge oder ans Meer mit kurvenreichen Straßen sind die Seltenheit.

Bei Coupés und Cabriolets erfreuen sich in den USA oder Europa zumeist die besonders stark motorisierten Topversionen einer großen Beliebtheit. Die Kunden sind Singles oder Paare, bestens gestellt, bei denen die Kinder aus dem Haus sind. Da wird die Limousine oder der Van gerne von einem Coupé oder noch besser einem Cabriolet ersetzt, das nur selten das einzige Fahrzeug im Haushalt ist. Das Klientel ist in Asien ähnlich, doch der Antrieb steht für viele im Hintergrund.

Mercedes Cabrio - Prestige manchmal wichtiger als Power

Da macht der 4,85 Meter lange Mercedes CLE keine Ausnahme. Während sich andere Hersteller immer mehr aus dem Cabriogeschäft verabschieden, bleiben die Schwaben zumindest mit dem SL und dem CLE den Sonnenanbetern treu, von denen viele so emotionale wie imageträchtige Modelle wie S-Klasse Coupé / Cabriolet oder SLK / SLC vermissen. Aus den beiden Cabriolets von C- und E-Klasse machte Mercedes den mehr als sehenswerten CLE – bewusst eher Richtung der ertragreicheren E-Klasse positioniert, um auch Kunden aus den höheren Segmenten abzugreifen.

Gerade diese dürften sich vielleicht noch mit dem CLE Cabrio, aber kaum mit der Basisversion des zwei Liter großen Vierzylinders anfreunden können, dessen Turboaufladung für gerade einmal 150 kW / 204 PS sorgt. Zugegeben nicht viel, um ein knapp zwei Tonnen schweres Cabriolet mit einer entsprechenden Komfort- und Sicherheitsausstattung bewegen zu können.

Cruisen läuft auch mit 204 Pferdchen

Doch auf einem Markt wie dem südkoreanischen, der im Laufe der vergangenen Jahre zu einem der wichtigsten für die Stuttgarter geworden ist, ist vielen eine der Basisversionen genug. Immerhin bietet der 200er etwas mehr Dampf als der CLE 180 mit seinen 125 kW / 170 PS und wenn der offene Viersitzer gerade aus niederen Drehzahlen droht, allzu träge zu werden, sorgt das Mild-Hybrid-Modul mit zusätzlichen 17 kW / 23 PS als Boost immerhin dafür, dass der Vierzylinder williger und direkter am Gas hängt. Die Fahrleistungen selbst sind für ein viersitziges Cabriolet für Sommer- wie Winterbetrieb und sogar einem verfügbaren Allradantrieb alles andere als schlecht. Aus dem Stand spurtet der CLE 200 in 7,9 Sekunden und erreicht eine Höchstgeschwindigkeit von 236 km/h. Doch zugegeben: wer sportlich unterwegs sein will und sich den Fahrtwind, untermalt von einem satt klingenden Reihensechszylinder durchs Haar wehen lassen möchte, der wird mit dem 200er keine perfekte Lösung finden.

Aber zugegeben eine, mit der man sich arrangiert, wenn Kopf sowie Herz den Kauf gleichermaßen beeinflussen. Und dass ein Oberklassecabriolet wie der Mercedes CLE im Alltag wirklich ambitioniert und allzu dynamisch bewegt wird, entspricht auch dem Reich der automobilen Träume. Zugegeben fällt bei einer mobilen Sonnenterasse mit einem Basispreis von über 59.000 Euro auch nicht ins Gewicht dass der CLE als 200er geringere Betriebskosten bietet oder sich mit 6,7 Litern Superkraftstoff auf 100 Kilometern zufrieden gibt.

Auch wenn der Motor flott beschleunigt und sich die Neungang-Automatik dezent im Hintergrund müht, Hubraumdefizite zu überspielen, fehlen die Emotionen, der Klang und die kraftvolle Souveränität, die man sich für ein Cabriolet in dieser Klasse sucht. Dafür reichen allerdings auch nicht der effiziente 220d oder der allemal engagierte CLE 300 als Cabriolet. Dann muss es schon der CLE 450 sein, der obligatorisch an einen Allradantrieb gekoppelt ist und fast 90.000 Euro kostet.

Doch nicht nur so manchem Asiaten reichen eben auch das ausgewogene Fahrwerk, das exzellente Komfortniveau, die edle Anmutung und das ordentliche Platzangebot, um den CLE offen wie geschlossen – Sommer wie Winter – überzeugen zu lassen. Dafür sorgen nicht zuletzt exzellente Sitze, ein ausfahrerbares Windschott und allerhand Komfortdetails. Ein nennenswertes Manko gibt es bei geöffnetem Dach aber doch. Bei entsprechender Sonneneinstrahlung ist auf dem zugegeben variabel einstellbaren Zentraldisplay kaum etwas zu erkennen und die schmale Schalterleiste an der Unterseite wird glühend heiß. Ideal ist das nicht.

Von Stefan Grundhoff

2024-07-26T15:50:37Z dg43tfdfdgfd