VW GOLF 8 TDI (2024) IM TEST: BESTSELLER MIT DIESEL

Der Golf im Test – was soll da schiefgehen? Was soll man da testen? Das seit vielen Jahren in Deutschland mit Abstand meistverkaufte Auto ist sicher eines der durchgetesteten und bekanntesten Fahrzeuge, das mit seinen Qualitäten immer überzeugte.

Eigentlich. Denn was bis zum Golf 7 uneingeschränkt galt, wurde durch den Nachfolger Golf 8 durchaus in Frage gestellt. Zu gravierend waren vom Start weg die Qualitätsprobleme, vor allem auf Software-Ebene. Das soll sich mit dem Facelift ändern. Wir haben das aktuelle Modell getestet und sind auf einige Überraschungen gestoßen.

Schnelle Daten VW Golf 2.0 TDI Style (2024)
Motor Vierzylinder-Turbodiesel, 1.968 ccm
Getriebe 7-Gang-DSG
Antrieb Vorderrad
Leistung 110 kW / 150 PS
Drehmoment 360 Nm
Preis ab 40.450 Euro

Was ist das?

Tja, ein Golf ist ein Golf. Einen Golf braucht man nicht zu erklären, er ist eine Institution und der Begründer der nach ihm benannten Klasse - und nicht zuletzt der Retter von Volkswagen in den 1970ern. Die achte Generation des Bestsellers aus Wolfsburg wurde 2019 vorgestellt und jüngst modellgepflegt. Dabei wurde nicht nur behutsam an der Optik geschraubt, sondern vor allem die neue, deutlich stabilere Infotainment-Plattform eingeführt, die auch schon im Passat und im Tiguan ihren Dienst versieht.

Exterieur | Infotainment | Innenraum | Antrieb | Fahrverhalten | Preise | Fazit

Exterieur

Äußerlich änderte sich nicht wirklich viel beim Facelift. Die Stoßfänger und Leuchten wurden neugestaltet. Auch die Scheinwerfer sind nun etwas eleganter in die Front integriert. In unserem Fall war das 1.215 Euro teure „IQ.LIGHT“ Lichtsystem mit Matrixscheinwerfern verbaut. Neu ist das beleuchtete VW-Logo, das in der Nacht stolz die Markenzugehörigkeit demonstriert. Sonst ist und bleibt der Golf sich treu.

Und diese Tugend soll die Kundschaft auch in Zukunft weiter überzeugen, wie wir im Gespräch mit VW-Chefdesigner Andreas Mindt erfuhren. Die Außenfarbe "Onyxweiß Perlmutt" (1.225 Euro) steht dem Golf sehr gut und setzt die ebenfalls aufpreispflichtigen 18-Zoll-Alus gut in Szene. Die Heckkamera ist – im Gegensatz zum Passat – immer noch im ausklappbaren VW-Logo versteckt und somit vorbildlich vor Verschmutzungen geschützt.

Christopher Otto

Infotainment

Natürlich fällt im Innenraum sofort das neue Infotainment ins Auge. Das Navigationssystem Discover verfügt über einen freistehenden 12,9 Zoll großen Monitor. Das ganze System wurde deutlich entrümpelt und lässt sich gut bedienen. Eine Leiste mit konfigurierbaren Schnellzugriffen erleichtert den Zugriff auf häufig benötigte Funktionen. So lässt sich zum Beispiel der Tempoassistent mittels nur drei Klicks (inkl. Rückkehr zum Startbildschirm) abschalten.

Dieser Test ist für uns gewissermaßen die Referenz für eine leichte Bedienung. Spitzenreiter ist hier übrigens immer noch das Tesla Model 3, bei dem ein einziger Klick genügte. Andere Kandidaten benötigten bis zu acht Touches (ja, wir meinen dich, Lexus LBX!) für diese alltägliche Übung. Durch die (endlich) beleuchteten Slider lassen sich Lautstärke und Temperatur nun gut justieren.

Christopher Otto
Christopher Otto
Christopher Otto

Leider zeigte sich unser Golf softwareseitig noch nicht ganz ausgereift. So stiegen die Einparksensoren mehrfach aus und auch der Ton der Harman-Kardon-Anlage verstummte zeitweise. Dies alles ließ sich durch ein Reboot des Systems beheben. Dauerhaft blieb allerdings das Problem, dass sich die neue Komfort-Einstiegsfunktion, bei der der Fahrersitz zum Aus- und Einsteigen ganz nach hinten gleitet, nicht abschalten ließ.

Der entsprechende Button im System war zwar vorhanden, reagierte aber nicht. Sehr zum Leidwesen der Hintensitzenden, die schmerzhaft Bekanntschaft mit dem Sitz machen mussten, sobald die Zündung ausgeschaltet wurde. Das klingt jetzt nicht allzu dramatisch, aber wenn zum Beispiel im Fonds ältere Herrschaften sitzen, die Hilfe beim Aussteigen benötigen, wird die Ganze Sache schnell ziemlich unangenehm...

Innenraum

Apropos hinten sitzen: Die MQB-Plattform ist ja bekannt für großzügige Platzverhältnisse auf kompakter Grundfläche und auch der Golf macht da keine Ausnahme. Hinten ist für ein Fahrzeug, dass immer noch als kompakt gelten muss, erstaunlich viel Platz in allen Richtungen. Man sitzt auch nach wie vor sehr großzügig in der ersten Reihe und hat sowohl viel Kopffreiheit als auch jede Menge Platz für die Ellenbogen.

Die Ergonomie ist vorbildlich, ebenso die Sitzposition. Die Ergositze mit ausziehbarer Oberschenkelauflage und Massage sind ausgesprochen bequem und haltstark, ohne einzuengen. Auch so eine Golf-Tugend. Gute Sitze bauen konnten sie bei Volkswagen schon immer!

Christopher Otto
Christopher Otto
Christopher Otto

In die Türtaschen passen locker 1,5-Liter-Flaschen und die hinterlüftete Ladeschale nimmt auch heutige XXL-Smartphones auf. Leider kann auch die passive Lüftung ein Überhitzen auf Dauer nicht verhindern, wenn das Gerät zum Beispiel drahtlos auf das System gespiegelt wird. Ebenfalls nett (aber nicht unbedingt nötig) ist die vielfarbige Ambientebeleuchtung.

Der Kofferraum ist für ein Kompaktfahrzeug ziemlich groß und sehr gut nutzbar. Durch den höhenverstellbaren Boden ist er entweder schön eben oder noch größer. Unter dem Boden schlummert kein Ersatzrad, dafür aber ein großes Staufach. Noch ein Wort zur Verarbeitung: Mittlerweile ist die Innenraumqualität beim Golf fast wieder dort, wo sie jahrzehntelang war: Ganz oben. Die Materialien sind spürbar hochwertiger als zuvor und die Passungen perfekt.

Abmessungen VW Golf 2.0 TDI Style
Länge 4.289 mm
Breite 1.789 mm
Höhe 1.483 mm
Radstand 2.620 mm
Kofferraum
381 Liter bis 1.237 Liter
Leergewicht
1.441 kg
Zuladung 499 kg
Stützlast 80 kg
Anhängelast max. 1.800 kg 

Antrieb

Beim Motor vertraut auch unser Golf auf die absolute Allzweckwaffe des Konzerns: den zwei Liter großen Turbodiesel mit 150 PS. Der bewährte EA288evo macht seine Sache auch im Golf sehr gut. Eigentlich repräsentiert er das Gesamtfahrzeug perfekt: In keiner Disziplin herausragend, aber in der Summe seiner Eigenschaften einfach richtig gut!

Das Zusammenspiel mit dem Siebengang-DSG klappt hier sehr gut. Im Gegensatz zum zuletzt getesteten Passat mit gleichem Antrieb hat der Golf die Lethargie beim Anfahren oder Beschleunigen aus niedrigen Geschwindigkeiten abgelegt und geht sehr gut von der Kreuzung weg.

Christopher Otto

Auch Zwischenspurts werden kurz und knackig erledigt und auf der Autobahn geht der Golf bis weit über 220 km/h. Dabei wird er nie unangenehm laut, im Gegenteil: Der Geräuschkomfort kann sich durchaus mit deutlich höher positionierten Fahrzeugen messen. Mehr braucht man eigentlich wirklich nicht!

Das Ganze bestraft der Golf nicht etwa durch einen hohen Verbrauch, sondern bleibt unter allen Bedingungen sehr sparsam. Unser Testmittel lag bei 5,7 l/100 km. Bei entsprechender Fahrweise ist es kein Problem, eine Drei vor dem Komma zu erzielen, während es uns auch bei Gewaltritten über 200 km/h auf der nächtlichen Autobahn nicht gelang, den Verbrauch in die Zweistelligkeit zu treiben. Ein beeindruckendes Beispiel für die immer noch vorhandenen Qualitäten heutiger Dieselmotoren.

Fahrleistungen VW Golf 2.0 TDI Style
0 - 100 km/h 8,0 s
Höchstgeschwindigkeit 223 km/h
Verbrauch 4,5 - 5,0 l/100 km nach WLTP

Fahrverhalten

Das DCC-Fahrwerk überzeugt mit großem Komfort und einer guten Straßenlage. Mit den sportlichen Reifen sind hohe Kurvengeschwindigkeiten möglich und man fühlt sich stets sehr sicher. Das gilt auch und vor allem bei hohen Geschwindigkeiten, wo der Golf wie das sprichwörtliche Brett unerschütterlich sicher liegt.

Die Spreizung des Fahrwerks ist immens. Quasi stufenlos lässt sich die Härte der Dämpfer im Individualmodus einstellen. Hier gibt es auch die Möglichkeit, den Antrieb auf sportlich zu schalten. Sehr schön finden wir die Möglichkeit, mittels Schaltstummel hinterher das Getriebe von "S" wieder auf "D" zu switchen. So hat man zwar das spontane Motoransprechverhalten des Sportmodus, aber immer noch die gelassene Schaltstrategie. Klare Empfehlung!

Leider schaltet der Golf bei jedem Neustart wieder automatisch in den Komfortmodus. So wird die Startroutine, bestehend aus dem Abschalten von Tempowarnung und Spurhalter sowie dem Umschalten des Fahrmodus – alles mittels Touchscreen – zum ständigen Begleiter.

Christopher Otto

In unserem Fahrzeug war der zum 1.645 Euro teuren Komfortpaket zählende Travel Assist inklusive Lane Assist an Bord. Während die Spurführung sehr gut funktionierte, konnte uns der Abstandsassistent vor allem im Stop&Go überhaut nicht überzeugen. Das Anhalten geschah meist sehr ruppig, unabhängig vom Fahrmodus. Das ging bei VW schon mal deutlich besser, wie zuletzt im aktuellen Passat-Testwagen.

Ebenfalls rätselhaft blieb uns bis zum Schluss die Lenkung. Normalerweise überzeugt Volkswagen allgemein und der Golf insbesondere mit sehr fein abgestimmten Lenkungen, die viel Präzision bei trotzdem geringem Handmoment bieten. Die Lenkung unseres Testwagens geriet aber schon sehr straff mit hohen Handmomenten.

Zudem konnten wir keinen Unterschied zwischen den Modis "Comfort" und "Sport" spüren. Wir haben diesbezüglich bei Volkswagen nachgefragt, ob an den Lenkungskennlinien beim Facelift etwas geändert wurde oder ob dies ein Phänomen unseres Testwagens ist. Die Antwort steht noch aus und wird hier ergänzt.

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Preise

Billig war der Golf noch nie. Angesichts seiner Qualitäten kann und muss er das auch nicht sein. Unser Golf 2,0 TDI Style kostet ab 40.450 Euro. Mit einigen Extras kommt der Testwagen schon auf 50.445 Euro, hat dann aber alles drin, was das Herz begehrt. Wer einen Kompakten mit Dieselmotor möchte, hat heutzutage allerdings kaum noch Auswahl.

Außerhalb des Konzerns wetteifert der Peugeot 308 mit 130-PS-Diesel mit dem Golf. Der Franzose steht vergleichbar ausgestattet für knapp 40.000 Euro in der Liste. Stellantis-Kollege Opel Astra gibt es als Diesel nur in einer deutlich kargeren Ausstattung für ca. 34.000 Euro. Bei Ford kostet ein ähnlich bestückter Focus ca. 42.000 Euro, bietet als Diesel allerdings nur 115 PS. Ansonsten muss man schon ins Premiumregal bei Mercedes (A-Klasse) oder BMW (1er) greifen, wo die Preisschilder mindestens genauso dick beschriftet sind wie bei VW.

Christopher Otto

Fazit: 8,5/10

Angesichts seiner Hardware-Qualitäten hätte sich der Golf am Ende eine noch deutlich bessere Wertung verdient. Er beweist wieder einmal, dass er in allen Belangen sehr gut durchdacht ist. Motor, Fahrwerk und Innenraum überzeugen absolut. Nur die nervigen Schwierigkeiten, die zumeist auf Softwareprobleme zurückzuführen sein dürften, verhageln ihm ein besseres Ergebnis und uns den Spaß am Fahren etwas.

Wir werden demnächst die Gelegenheit nutzen, verschiedene andere Golf-Modelle zu fahren, um die Probleme mal gegenzuchecken. Diese Erfahrungen und auch das Feedback von Volkswagen zum aktuellen Testwagen werden wir hier ergänzen.

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